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26.04.23 –
Christoph Oberst, Mitglied der Bürgerschaft, dazu: „Wir freuen uns, dass die Greifswalder Bürgerschaft die Fortsetzung der Patenschaft für das Seenotrettungsschiff SEA EYE 4 beschlossen hat.
Greifswald hat die Patenschaft vor zwei Jahren übernommen. Der Vorschlag ging auf die Initiative des Oberbürgermeisters und auch im Hinblick auf den beschlossenen Status der Stadt als sicherer Hafen zurück.
Greifswald hat manche unmittelbaren Bezüge zur Seenotrettung - nicht nur im Bodden - sondern auch im Mittelmeer: Greifswalderinnen und Greifswalder arbeiten direkt auf oder für Schiffe von SEA EYE und SEA WATCH, zum Beispiel im ärztlichen Dienst. Es gibt auch lokale Unterstützungsgruppen oder einfache Fördermitglieder. Insgesamt sehe ich einen hohen Zuspruch für die zivile Seenotrettung in Greifswald.
Anfang März gingen Bilder der Särge und Kindersärge von 120 in Kalabrien angespülten Toten durch die Presse: 120 Menschen, denen nicht geholfen wurde. Die Zahl der Toten im Mittelmeer ist im ersten Quartal 2023 mit 441 so hoch wie seit sechs Jahren nicht mehr. Seit 2014 ertranken 20.000 Menschen, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) der UNO mit und nennt als Gründe für den Anstieg Verspätungen und Lücken bei den europäischen Rettungsmissionen.
Bei mindestens sechs Unglücken hätten Verzögerungen dazu geführt, dass insgesamt 127 Menschen gestorben seien. Bei einem siebten Unglück sei gar keine Hilfe geschickt worden.
Die EU habe ihre Versuche, Flüchtlinge in Seenot zu finden und zu retten in den vergangenen Monaten stark zurückgefahren.
Die menschliche Katastrophe im Mittelmeer sei nicht hinnehmbar, betonte die IOM und fordert eine proaktive Koordination der EU-Staaten bei der Suche und Rettung von in Seenot geratenen Migrant*innen.
Papst Franziskus sagt zum Thema der vielen Toten im Mittelmeer: „Europa blockiert weiterhin, fällt Formen nationalistischer Eigeninteressen zum Opfer, statt ein Antrieb für Solidarität zu sein.“
Ich sage zudem: Das Problem ist, dass sich Europa in geradezu krimineller Weise abschottet statt legale und sichere Fluchtrouten zu schaffen.
Mit einem christlichen Kompass, einem Kompass als Pfadfinder, dem alle Menschen Bruder und Schwester sind, und als Bürger einer Hansestadt steht für mich fest: niemand soll ertrinken müssen!
Leider traf meine inständige Bitte an die CDU, keine billige Polemik, wie in den Pressemitteilungen der letzten Zeit, wo unter anderem von „sogenannter Seenotrettung“ gesprochen wird, zu benutzen, nicht auf fruchtbaren Boden.
Es wurden seitens der CDU sogar weiter überholte Narrative, wie angebliche „Pull-Faktoren“, benutzt. Push und Pull Faktoren stammt von der Ökonomischen Theorie von Lee. Wenn es solche Pull-Faktoren gäbe, warum migrieren dann so viele nicht?
Die Migrationsforschung sagt vielmehr, dass andere und individuelle Aspekte für Geflüchtete wichtiger sind, wie kulturelle Nähe, Sprache oder Religion.
Eine Studie hat untersucht, ob es zwischen Rettungsaktivität und Anzahl ankommender Geflüchteter einen Zusammenhang gibt: Ergebnis war, dass die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtlinge sich in Zeiten mit hoher oder niedriger Rettungsaktivität kaum unterschieden.
Einen negativen Zusammenhang gibt es aber hingegen in der Zahl der Toten in Verbindung mit der Intensität der Rettungsaktivität: je weniger Rettungsaktivität, je mehr Tote: Wir können in Greifswald also mit unserer Patenschaft helfen, Menschenleben zu retten und vor dem Ertrinken zu bewahren. Deswegen ist es richtig die Patenschaft fortzuführen.“
Link zum Antrag mit weiteren Informationen und dem Jahresbericht: https://greifswald.sitzung-mv.de/public/vo020?VOLFDNR=1003787&refresh=false&TOLFDNR=1017798
Weitere Quellen: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/migration-push-pull-faktoren-101.html ; https://www.tagesschau.de/faktenfinder/ngo-fluechtlinge-mittelmeer-109.html
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