Sozialagentur Ostvorpommern kommt ihrer Beratungspflicht nicht nach

Wir kritisieren die bedenkliche Rechtsauffassung der Sozialagentur Ostvorpommern. Nach Ansicht des Leiters der Agentur sei es nicht Aufgabe der Behörde gegen Lohndumping vorzugehen und "darauf zu achten, dass nach Tarif gezahlt wird".

06.03.09 – von Stefan Fassbinder

Diese Ansicht entspricht nicht dem geltenden Recht. Im SGB II (Hartz IV) ist geregelt, dass Betroffene jede Arbeit, die zumutbar ist, annehmen müssen. Unzumutbar sind aber solche Jobs, bei denen zum Beispiel sittenwidrige Löhne gezahlt werden. Ein Lohn von mehr als 30 % unterhalb des tarif- oder ortsüblichen Lohnes ist anerkanntermaßen sittenwidrig.

Lehnt nun ein Betroffener ein Arbeitsangebot ab, so hat die Sozialagentur zu prüfen, ob dieser Job für den Betroffenen, wozu auch die Vergütung gehört, zumutbar war. "Wie anders als mittels einer Prüfung der gezahlten Löhne soll dies funktionieren?", so Chris Labouvie, Kreisvorstandsmitglied der Bündnisgrünen. "Damit helfen wir weder den betroffenen Menschen noch unserer regionalen Wirtschaft. Das Gegenteil ist der Fall. Niedrigstlöhne sind nicht nur demütigend sondern sie machen auch den ganzen Markt kaputt."

Der Verweis auf die Zuständigkeit der Zollbehörde geht fehl. Letztlich geht es hier um Steuergelder, die weitaus nachhaltiger auf den Arbeitsmarkt wirken könnten. Darüber hinaus habe die Sozialagentur eine umfassende Beratungs- und Aufklärungspflicht, erklärte Gregor Kochhan, sozialpolitischer Sprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Greifswald-Uecker-Peene. Dazu müssen ALG II-Berechtigte, die wegen niedriger Löhne auf aufstockende Leistungen angewiesen sind, darüber aufgeklärt werden, dass sie Jobs mit sittenwidrigen Löhnen nicht annehmen müssen bzw. kündigen können. Sich hier aus der Verantwortung stehlen zu wollen, sei mehr als bedenklich, so Kochhan abschließend.

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