Besser spät als nie

„Wir begrüßen den Vorstoß der Kolleg_innen aus der SPD-Kreistagsfraktion, mit einem 'Brandbrief' an die eigene Parteispitze auf die Situation im Land aufmerksam zu machen. Dadurch besteht die Chance, dass er nicht ungehört verhallt“, sagt Gregor Kochhan, Vorsitzender der bündnisgrünen Fraktion im Kreistag Vorpommern-Greifswald.

18.09.12 –

Die bündnisgrüne Fraktion unterstützt den „Brandbrief“ der SPD-Fraktion im Kreistag Vorpommern-Greifswald. "“Wir waren von vornherein gegen diese Ausgestaltung der Kreisgebietsreform“, so Kochhan weiter; „auch wir sehen die Landesregierung in Verantwortung eben wegen der von ihr forcierten Kreisgebietsreform und aufgrund der Tatsache, dass sie die defizitären und in den Ruin treibenden Haushalte der Altkreise Jahr für Jahr und stets aufs Neue genehmigt hat. Wofür brauchen wir dann eigentlich genehmigte Haushalte?“ fragt Kochhan.

Allerdings könnten einzelne Punkte in dem „Brandbrief“ auch nicht so stehen bleiben, wie z. B. die Forderung, Infrastrukturmaßnahmen für den Tourismus auf das Ausgießen von Asphalt zu reduzieren. „Damit hält man keine Umsiedlungswilligen und, auf Dauer, auch keine Tourist_innen“, sagt Kochhan.

Auch die unkritische Forderung nach Wachstum an sich ist zu hinterfragen. Gerade das unkritische Verschleudern von Förderbeträgen hat zu der jetzigen desaströsen Situation geführt. Maßstäbe für Wachstum sind Nachhaltigkeit, Förderung der regionalen Wirtschaftskreisläufe, die Ökobilanz der Investitionen und der Verbleib der Gewinne und Steuern im Land. Auch Arbeit an sich ist kein Wert; sie muss Kriterien wie z. B. Zahlung eines Mindestlohnes etc. genügen, um erstrebenswert zu sein.

„Auf Landesebene ist die SPD beteiligt an dem misslungenen Versuch, aus MV ein Industrieland zu machen - siehe Werftenkrise, siehe CD-Werk Dassow, siehe versuchte Ansiedlung des Steinkohlekraftwerks in Lubmin mit anhängender energieintensiver Industrie, siehe Fördermillionen für Siemens ohne adäquate Gegenleistung durch den Konzern“, erläutert Kochhan.

Sie sei aber auch beteiligt am „Schweinegürtel Mecklenburg-Vorpommern“, an einer Ansiedlungspolitik von industrieller Tierhaltung, die, bei Schaffung von wenigen Arbeitsplätzen, riesige Probleme in der Region erzeuge – nicht zuletzt eine Konzentration auf krisenanfällige und förderungsabhängige Wirtschaftszsweige mit hoher Abwanderungstendenz – wenn anderswo höher gefördert wird, seien die Unternehmen weg, führt Kochhan aus.

„Unter langjähriger Beteiligung der SPD an der Wirtschafts'entwicklung' von MV hat es keine innovativen und auf die Region zugeschnittenen Konzepte gegeben, sondern nur das Übliche: Fördermillionen für unsichere Investitionen nach uraltem und als nicht praktikabel bekanntem Strickmuster (siehe Skihalle Wittenburg). Tourismusförderung erschöpfte sich im Straßenbau mit konterkarierender Wirkung; statt in Bildung und Ausbildung gegen Abwanderung zu investieren, jammert Schwerin über den demographischen Wandel und kürzt alles, was Menschen im Lande halten könnte“, so Kochhan.

„Parallel zur desaströsen Wirtschaftspolitik fuhr nämlich die Landesregierung unter SPD-Beteiligung finanzpolitisch unter zwei Finanzministerinnen eine einseitige Ausgabenreduzierungspolitik im Landeshaushalt, deren Ergebnisse jetzt zu sehen sind: Das Arbeitspferd verhungert, wenn man auch am Futter spart“, sagt Kochhan rückblickend.

„Daher ist der 'Brandbrief' der Kreistagskolleg_innen sachlich korrekt und unterstützenswert, der Empfänger des Briefes aber leider, so lehrt alle Erfahrung der letzten Jahre, beratungsresistent – zumindest aus kommunalpolitischer Perspektive“, so Kochhan abschließend.

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