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27.08.21 –
Die GRÜNEN haben in den letzten Wochen zahlreiche Anstrengungen zur Aufklärung des Inzidenzskandals in Vorpommern-Greifswald unternommen. In der Kreisverwaltung unter Landrat Michael Sack war es im Frühjahr zu tausenden verzögerten Isolationen von Corona-Infizierten sowie zu massiv falschen 7-Tage-Inzidenzen und Hygienemaßnahmen gekommen. An einer transparenten Aufarbeitung scheint es den beteiligten Akteuren sowohl auf Kreis- als auch auf Landesebene nicht gelegen zu sein. Zahlreiche parlamentarische Anfragen an die Kreisverwaltung wurden nur zögerlich und unvollständig beantwortet, eine Eingabe nach dem Informationsfreiheitsgesetz, für die eine maximale Antwortfrist von drei Monaten gesetzlich geregelt ist, bleibt weiterhin unbeantwortet und die inzwischen vorliegende Antwort des Innenministers Renz (CDU) auf eine von der GRÜNEN Kreistagsfraktion eingereichten Dienstaufsichtsbeschwerde sorgt nur für Kopfschütteln statt Aufklärung.
Dazu Hannes Damm, Kreisvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Das Innenministerium bestätigt in seiner Antwort klar, dass ‚ab dem 15.02.2021‘ für mehrere Monate gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen wurde. Trotz der schriftlich bestätigten Verletzung der gesetzlichen Pflichten der Verwaltung, stellt die Rechtsaufsichtsbehörde überraschenderweise ‚keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für den Verdacht eines Dienstvergehens fest‘. Viel mehr wird versucht, den Gesetzesverstoß zu relativieren. Das CDU geführte Ministerium scheut sich dabei nicht, offensichtliche Falschaussagen zu verbreiten. So wird davon gesprochen, dass ‚die positiven Corona-Fälle […] jedoch trotz einiger Verzögerung zeitnah kontaktiert und isoliert [wurden]‘ und eine ‚Schließung der Kitas und Schulen keine Auswirkungen auf das Pandemiegeschehen gehabt hätte‘. Die Antworten aus der Kreisverwaltung zeichnen hier ein deutlich anderes Bild: positive Testergebnisse lagen im Durchschnitt bereits drei Tage im Gesundheitsamt vor, bevor Infizierte in Quarantäne geschickt wurden - von einer zeitnahen Isolierung der Infektionsquelle kann also nicht gesprochen werden! Auch dass in Schulen keine Ansteckungen stattgefunden hätten stimmt mitnichten: allein 9 Menschen haben sich in der Woche vom 12.04.-16.04. bei Mitschüler*innen oder Lehrer*innen in den Schulen angesteckt. In den Wochen seit Beginn des Inzidenzskandals waren es insgesamt sogar noch deutlich mehr. An der genannten Aprilwoche ist jedoch besonders, dass die Schulen hier weiter offen gehalten wurden, obwohl der Kreis und das Landesamt für Gesundheit bereits in der Vorwoche bei einer gemeinsamen Prüfung die Fehler in den Meldezahlen identifiziert und öffentlich verkündet hatten. Spätestens ab dem 08.04.2021 war also Land und Kreis bewusst, dass die Zahlen höher lagen, als eine Offenhaltung nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Schul-Coronalandesverordnung erlauben würde. Wer für die mindestens fahrlässig verursachten Gesundheitsschäden der Fälle und Folgefälle während der gesetzeswidrigen Schulöffnungen die Verantwortung trägt, lässt das Schreiben aus dem Ministerium völlig offen. Dafür wird auf die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger abgestellt, die sich selbstständig ‚absondern und ihre Kontakte zunächst selbst informieren‘ müssten. Auch der Hinweis: ‚der Landkreis VG ist sehr an einer transparenten Information bzgl. seiner Verfahrensweisen interessiert‘ überrascht, da meine Anfrage nach Dokumenten entsprechend dem Informationsfreiheitsgesetz, die der Aufklärung der Hintergründe und Verantwortlichkeiten dienen sollten, nun bereits über drei Monate unbeantwortet ist und damit jetzt jede gesetzliche Frist überschritten ist. Eine letztmalige Aufforderung die Anfrage doch noch zu beantworten, blieb bisher, genau wie meine schriftliche Nachfrage am 20.07.2021 zum Bearbeitungsstand, unbeachtet. Nach Ablauf dieser Woche, werde ich diesbezüglich rechtliche Schritte einleiten, falls bis dahin der Eingabe laut Informationsfreiheitsgesetz nicht entsprochen wurde.“
Eine Akteneinsicht der Kreistagsfraktion konnte nun im August, nach mehreren Monaten Hinhaltetaktik endlich stattfinden. Leider verlief diese ebenso wenig erfreulich.
Dazu die Vorsitzende der Kreistagsfraktion GRÜNE und Tierschutzpartei Ulrike Berger:
„Nachdem uns im Mai zunächst völlig andere Akten gezeigt wurden, als beantragt, sind auch die nun vorgelegten Dokumente lückenhaft. Wesentliche Dokumente wie Dienstanweisungen und Emails aus der Verwaltungsspitze um Sack fehlen fast vollständig. Manche Emails seien wegen fehlender Relevanz leider bereits gelöscht. Arbeitsanweisungen, die den Meldeprozess zum LAGuS genauer regeln, waren somit kaum enthalten. Die großangelegte Löschung von Emails während eines verzögerten Akteneinsichtsverfahrens erhöhen das Misstrauen. Die Akteneinsicht hat dennoch gezeigt: während die bloße Existenz einer deutlichen Inzidenzabweichung durch Meldeverzug sowohl uns als auch der Presse gegenüber im März noch abgestritten wurde, wurde dies bereits am 19. Februar vom LAGuS gegenüber dem Kreis intern thematisiert und Lösungsvorschläge unterbreitet."
Beide GRÜNE abschließend: "Wir fordern Innenministerium, LAGuS und Landratsamt auf, endlich reinen Tisch zu machen und öffentlich zu erklären, wer die Verantwortung für das überhöhte Infektionsgeschehen in unserem Kreis trägt, dass durch die falschen Zahlen und Hygienemaßnahmen hervorgerufen wurde. Diese Fehler und Falschmeldungen dürfen sich in der vierten Welle auf keinen Fall wiederholen!“
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